Seit dem Artikel hier auf Skandinavia.de über die Coronapandemie in Schweden in der letzten Woche ist viel geschehen, was eine kurze Aktualisierung rechtfertigt. Die Mortalität liegt inzwischen bei 4.553 Todesfällen. Die Bäuerliche Partei, Centerpartiet, die die sozialdemokratische Regierung unterstützt, fordert umfassendere Testung und nennt Deutschland als ein positives Beispiel. Die öffentliche Fernsehanstalt Schwedens hat in einer Untersuchung bewiesen, dass die Übersterblichkeit in Altenheimen viel höher ist, als die Regierung zuerst behauptete. Heute (3. Juni), hat der Architekt hinter der schwedischen Coronaverteidigung, der staatliche Hauptepidemologe Anders Tegnell, in einem Interview mit den öffentlich-rechtlichen Medien seine Arbeit mit einem neuartigen Anflug
von Selbstkritik beschrieben.
In dem Interview räumte Tegnell ein, dass, wenn der Coronaausbruch heute stattgefunden hätte, sich Schweden in Bezug auf öffentliche Restriktionen ähnlicher verhalten hätte wie andere europäische Nationen. Er sagt weiter, dass es Raum für Verbesserungen gibt und dass zu viele Schweden gestorben sind. Im Gegensatz zu früheren Interviews, betont er nicht, dass wir warten müssen um die Lage bewerten zu können. Das Interview hat viel globale Aufmerksamkeit bekommen, wobei einige es als Eingeständnis verstanden, dass die schwedische Strategie falsch war.
In der täglichen Pressekonferenz hat Anders Tegnell, etwas gedrängt aber noch wortgewandt, weiter seinen Standpunkt erklärt. Er weist die Idee eines Eingeständnisses von Fehlverhalten, als das einige in sein früheres Interview interpretiert haben, zurück, und spricht von einem internationalen Interesse, Schwedens Ansatz zu kritisieren. Trotz der Todesfälle sieht er die Entwicklung als eher positiv, aber betont, dass der von ihm erhoffte Rückgang nicht eingetreten ist. Er meint, dass es unter den gegebenen Umständen Raum für Selbstkritik geben kann, ohne unbedingt etwas falsch gemacht zu haben. Ein großes Thema in der Pressekonferenz war die hohe Infektionsrate in Pflegeeinrichtungen, die für viele schwedische Todesfälle verantwortlich ist. Mehr Tests und bessere Hygienestandards hätten, so Tegnell, die derzeitige Situation vermeiden können.
Obwohl der Ton von Selbstkritik neu für Tegnell und sein Amt, Folkhälsomyndigheten, ist, wird die schwedische Strategie weiterhin stark verteidigt. Es scheint als ob sich die Coronadiskussion in Schweden weiterhin wenig verändert, wobei die Möglichkeit eines Kurswechsels überhaupt nicht diskutiert wird. Die Botschaft ist, dass einige Dinge hätten besser gemacht werden können, wenn man bedenkt, was wir inzwischen über das Virus wissen.
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